Portugal in den 1930er-Jahren: Der Neurologe und ehemalige Außenminister Egas Moniz ist einer der Begründer der Leukotomie – eines Verfahrens bei dem ein Teil des Gehirns amputiert wird, um gezielt die Persönlichkeit zu verändern. Angewendet wird es unter anderem bei Schizophrenie, aber Moniz und andere Psychochirurgen hoffen, mit Hilfe der Leukotomie auch Homosexualität und andere von der Gesellschaft damals als abwegig eingestufte Verhaltensweisen zu korrigieren.
Bereits 1918 hatte Moniz in seinem Buch „Die Neurologie im Krieg“ die theoretischen Grundlagen dafür beschrieben. 1935 darf er seine Erkenntnisse zum ersten Mal an einem lebenden Menschen ausprobieren.
Bei der Behandlung bohrt man dem Patienten ein Loch in den Schädel, durch das ein Messer eingeführt wird, um das Nervengewebe zwischen präfrontalem Stirnlappen und Limbischem System zu durchtrennen. Weil Letzteres für die Verarbeitung von Gefühlen zuständig ist, zielt die Leukotomie darauf, Schmerz und Angst auszulöschen. Was danach von der Persönlichkeit des Patienten noch übrig ist, kümmert aber weder den Hirnforscher noch den Politiker Moniz.
Aus heutiger Sicht unglaublich, dass er 1949 sogar den Medizin-Nobelpreis erhält, denn die Leukotomie ist durchaus vergleichbar mit den Menschenversuchen der Nazis – nur spricht man dies nicht aus. Schließlich handelt es sich bei den Ländern, in denen das menschenverachtende Verfahren Anwendung findet, um westliche Demokratien.
Das Ende der Leukotomie kommt erst mit der Erfindung der Psychopharmaka. Egas Moniz’ persönlicher Niedergang beginnt schon etwas früher. Von 1939 bis zu seinem Tod 1955 sitzt er im Rollstuhl – einer seiner Patienten hatte versucht, ihn zu erschießen.